Sardinien 2005

Sardinien 2005

5. – 13. Mai 2005

Man möge mir die schlechten Bilder verzeihen, nach dem Urlaub kaufte ich mir eine anständige Digi-Cam.

Den ersten Kontakt mit Sardinien hatte ich Anfang Oktober 2004.Da ich nur eine halbe Stunde vom Flugplatz Frankfurt-Hahn entfernt wohne, hatte ich mit Frau und Tochter einen  Flug mit Ryanair nach Alghero gebucht und bin 3 Tage im Norden der Insel mit einem Mietauto rumgefahren. Unsere Stationen waren Alghero mit seiner phantastischen Altstadt, sehr schön auch Sassari, Castelsardo und ganz im Norden das Capo Testa mit St. Teresa Gallura. Als dann auf der Fahrt von Castelsardo zum Capo Testa meine Tochter und meine Frau ständig über Übelkeit klagten stand für mich fest: hier musst Du noch mal mit dem Motorrad hin. Denn was im Auto äußerst anstrengend ist, kann auf dem Motorrad für Freude sorgen, Kurven ohne Ende, super Straßen und wenig Verkehr.

Im Mai 2005 war es dann so weit. Ich hatte schon frühzeitig die Fähre Genua-Olbia  gebucht (Tirrenia, 180 Euro hin/zurück, 2. Klasse). Als Ausgangspunkt für meine Fahrten hatte ich mich auf Mitte Ostküste festgelegt. Das Ganze erschien mir relativ zentral und die Berge in greifbarer Nähe.
Den ersten Tag auf der Hinfahrt nutzte ich zu einem Besuch eines Freundes am Starnberger See. An sich eine tolle Gegend aber ich hatte ein Scheißwetter erwischt. Noch schlimmer am nächsten Morgen, als es in Richtung Süden ging. 6 Grad und jede Menge Regen in der Gegend von Seefeld. Am Brenner war mir so ziemlich alles abgefroren. Erst in der Ecke von Bozen wurden die Temperaturen erträglich. In Genua konnte man sich schließlich wieder im T-Shirt bewegen. Auf alle Fälle haben sich meine Investitionen in qualitativ hochwertige Klamotten bewährt. Ab Genua jedenfalls sollte mir kein Regentropfen mehr begegnen.
Ich hab dann auch ziemlich schnell den Hafen gefunden. Das Ganze ist recht gut organisiert. Es existiert ein Leitsystem, das an einem Schalter zum Einchecken vorbei führt. Die Zeit bis zur Abfahrt kann man sich in einem Riesenterminal verdulden. Ähnlich einem Flughafen, kann man dort allerhand Zeugs kaufen, Kaffeetrinken und bei Mc-Donalds einen Hamburger verdrücken. Die Motorräder durften zuerst auf die Fähre, in dem Falle die Emilia, der wohl älteste Kahn von Tirrenia. Als Vorsichtsmaßnahme habe ich den Hauptständer meiner Suzuki mit einem Spanngurt am Vorderrad fixiert, sicher ist sicher. Das Personal der Fähre hat dann mein Moped ziemlich lieblos mit einem ölverschmierten Seil festgezurrt.  Mit mir waren noch ca. 10 weitere Biker an Bord, mit denen ich während der Überfahrt in´s Gespräch kam. Einige von ihnen waren schon mehrmals auf Sardinien und gaben mir einige Tourentips.

Das Fährschiff mit Namen Emilia, hat schon bessere Tage gesehen.

Die Strom im Bauch der Fähre

Als Fahrgast 2. Klasse hatte ich das Vergnügen, in einem der zahlreichen Schlafsessel-Säle mein Quartier zu suchen. Kein Problem, ich hatte mit noch 4 anderen einen ganzen Saal für mich alleine. Überhaupt schien mir die Auslastung des Schiffes erfreulich gering, ich schätze so um die 30%. Die Preise auf der Fähre: Croissant und Capuccino zum Frühstück : 1,90 Eu, finde ich in Ordnung.
So gegen 6.00 Uhr beobachtete ich vom Deck aus die Einfahrt in Richtung Hafen-Olbia und pünktlich um 8.00 Uhr (Fahrzeit exakt 12 Stunden) konnten wir von Bord.
Ich ging sofort auf die legendäre SS125, um schnellstmöglich mein Hotel zu erreichen. Was auf der Landkarte unscheinbar und gerade aussieht, entpuppt sich beim Befahren als Spaßfaktor Nr. 1. Auf dem Weg zu meinem Domizil habe ich mit dem Streckenabschnitt der SS 125 von Dorgali bis Baunei eine der schönsten Stellen Sardiniens erwischt

Die SS 125, gleich meine ersten Kilometer auf Sardinien

Nochmal die SS 125

Hier sieht man sehr schön den Zustand der Strassen, phantastisch!

Dazu später mehr. Als Ausgangspunkt meiner Touren hatte ich mir den Ort St. Maria Navarrese ausgesucht. Bingo, entsprach genau meinen Vorstellungen. Ein überschaubarer Ort mit einem schönen Ortskern, gewachsenen Strukturen, schöner Strand und eine gepflegte Gastronomie.

Dieser Olivenbaum steht mit einigen anderen im Zentrum von St. Maria Navaresse. Es handelt sich um den ältesten Baum in Europa (ca. 800 Jahre). Selbst ein Brandanschlag vor 30 Jahren konnte ihm nichts anhaben.

Blick auf den Strand von St. Maria Navaresse

Das Hotel (Hotel Nicoletta) hatte ich vorgebucht, auch hier ein Volltreffer. Ziemlich neu (seit 2004) Klimaanlage, Tiefgarage, Frühstücksbuffet und freundliches Personal. Die Motorradkollegen in den anderen Hotels am Ort waren meines Erachtens schlechter untergebracht. Auf jeden Fall kann man sich im Ort für 15 Euro komplett satt essen. Hier Preisbeispiele: Pizza 6,50, kleines Bier 1,40, Capuccino 1,10, Bed&Breakfast schon ab 23 EU.  Am ersten Tag auf Sardinien hab ich mir erst mal die Knochen sortiert und den Ort angeschaut. Schon abends haben sich die ersten Kontakte eingestellt und die folgenden Tage brachten viele Gespräche und gemeinsame internationale Abendessen.

Am nächsten Tag ging´s dann los. Hier eine Streckenbeschreibung abzugeben ist überflüssig. Ich kann nur folgenden Rat abgeben: von der Küste ab rein in´s Landesinnere, egal welche Strasse. Was einen dann erwartet ist unfassbar. Ich habe in meiner Motorradlaufbahn schon ganz Europa bereist, runter bis Albanien, Portugal und intensiv Spanien/Frankreich/Italien. Mein Schwerpunkt lag immer in Gebirgsregionen, weil ich für mein Leben gerne Kurven fahre. Aber schon 5 Km auf der SS 125 lassen das Stilfser Joch als bescheidene Parkplatzauffahrt erscheinen. Auf 5 Km durchschnittlicher sardischer Strasse bekommt man mehr Kurven geboten als auf irgend einem Alpenpass. Und das in einer Qualität, von der wir in Deutschland nur träumen können. Kein Schlagloch, keine Kurve, die sich zuzieht, ein Belag, der an Raupapier erinnert. Erfahrene Sardinien-Biker erzählten von Typen, die nach 2500 km Sardinien auf der Leinwand ihrer Reifen heimgeschlichen sind. Ich bin kein Freund von Superlativen aber vom Standpunkt des Motorradfahrers ist Sardinien das Optimum.

Hier meine Empfehlungen für den Abschnitt Sardiniens, den ich bereist habe:

– die S 125, vor allem der Abschnitt von Dorgali bis Baunei (Mitte Ostküste)              und von Km 45 – Km 25 kurz vor Cagliari (Süd-Ost Küste)
– Die Gegend um Monti del Gennargentu mit den Orten Tonara,
Aritzo, Asuai, Desulo, Seulo, Sadali, Seui
– Unbedingt die Ecke von Gairo, Ulassai, Lanusei, Jerzu (westlich von Arbatax im  Landesinneren)
– Noch was: Mein Favorit ist die weisse Strasse entlang am Monte
Albo von Luna nach Siniscola, nordöstlich von Nuoro, traumhafte Landschaft
– Touristisch aber schön ist Cala Conone, östlich von Dorgali
– Ach Quatsch, fahrt einfach in´s Landesinnere (!!!)

Strasse zwischen S.Nicolo Gerei und Vilasado

Strasse zwischen Ulassai und Jerzu

Lago Alto del Flumendosa

Die Ruinen von Gairo. Dieser Ort hat mich magisch angezogen. Die Bewohner wurden vor ca. 50 Jahren zwangsevakuiert, da Erdrutsche den Ort gefährdeten. Alles Brauchbare wurde abmontiert und der Ort weiter oberhalb wieder aufgebaut.

Weisse Strasse unterhalb des Monte Albo, mein Favorit

Die roten Felsen von Arbatax

Am letzten Tag hatte ich mir vor Abfahrt der Fähre noch den Golf von Aranci angesehen (etwas nördlich von Olbia). Sehr schön dort.

Heimfahrt
Dann ging´s auf die Fähre. Ich hatte kurz entschlossen noch auf Klasse 1 umgebucht (Kabine mit WC), da ich ausgeruht am nächsten Tag von Genua in einem Rutsch heimfahren wollte (900 km). Um 10.30 kam ich vom Schiff und die Heimfahrt über die Schweiz gestaltete sich problemlos bei schönstem Wetter. Ich musste nur einmal innerlich lachen, als ich als einer der Ersten über den gerade geöffneten neuen Gotthard-Pass fuhr. „Das soll ein Pass sein“, dachte ich mir, „diese 15 Kurven sind geradezu lächerlich, wenn man gerade von Sardinien kommt“.

Allgemeine Bemerkung aus Sicht des Motorradfahrers:
Beste Reisezeit ist April, Mai, Juni und dann ab Mitte September. Ich hab in der ersten Maiwoche voll den sardischen Frühling erwischt.
In der Hochsaison ist alles doppelt so teuer, Motorradfahren macht wegen der Hitze keinen Spaß und die Gastronomie kommt in ihrer Kapazität an die Grenzen.
Italienische Tankstellen haben Mittagspause, im Landesinneren möglichst jede Gelegenheit zum Tanken nutzen!
Es liegen stellenweise wirklich Steine und Kuhscheisse auf der Strasse.
Die zur Scheisse gehörenden Tiere sind meistens auch nicht weit.
Es gibt wenig Verkehr aber die Einheimischen haben ihre eigene Vorstellung von der Ideallinie. Diese liegt meistens in der Mitte der Strasse.
Die Kurvenfahrerei verschafft einem Glücksgefühle, die Schräglagen werden immer extremer und dabei merkt man nicht, wie sehr  Kondition und Konzentration gefordert sind. Bei einem Schnitt von höchstens 50 km/h im Landesinnern und Tagesetappen von 300 km lässt die Konzentration gegen Ende spürbar nach. Für Endurofahrer gibt es jede Menge Terrain, Abfahrten zu einsamen Buchten und jede Menge Schotterstrecken im Landesinneren. BMW bildet auf Sardinien ganz klar die Übermacht, jede Menge Boxer in allen Variationen, vor allem GS 1150 und schon einige 1200er.

Zum Schluss:
Da fahr ich noch mal hin, vergesst die Alpen. Schon eine Woche genügt vollkommen, um sich auf Sardinien den Rausch zu holen.

Macht folgendes:
Am ersten Tag bis Genua, abends auf die Fähre, dort geschlafen und am nächsten Morgen geht´s gleich los. Ein Paar Tage auf Sardinien, abends wieder auf die Fähre und am nächsten Tag wieder heim.
Aus dem süddeutschen Raum ist das zeitlich überhaupt kein Problem.

Der Link zu meinem Hotel in St. Maria Navaresse

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